Herz oder Kopf: Mein Jobwechsel im Lockdown
Mein Jobwechsel im Lockdown: Im Corona-Lockdown ein Jobwechsel – eine spannende, andererseits aber auch eine beängstigende Situation. Ein Erfahrungsbericht:
Der Grund für meinen Jobwechsel im Lockdown
Wenn man morgens die Lust fehlt, zur Arbeit zu fahren oder keinerlei Freude mehr an seinem Job hat, sollte man sich überlegen, wieso das so ist (ausführliche Ausführungen zu dem Thema findet ihr hier). Das habe ich im Januar bis Ende März ausgiebig getan und für mich festgestellt: Ich möchte mich beruflich neu orientieren. Dabei waren mir folgende Punkte sehr wichtig:
- Interessantes Arbeitsgebiet mit spannenden Aufgaben
- Keine moralischen Bedenken hinsichtlich des Arbeitsinhalts
- Möglichkeit auf berufliche Weiterentwicklung / Personalentwicklung / Aufstiegsmöglichkeiten
- Angenehmes Arbeitsklima
- Angemessene Bezahlung
- Gutes Arbeitszeitkonzept / Flexible Arbeitszeiten
Die Bewerbungsphase
Die Bewerbungsphase war bei mir sehr kurz, denn im Vorfeld habe ich mich gut auf diesen Schritt vorbereitet. Dabei schlugen in meiner Brust seit geraumer Zeit zwei Herzen: Der Reiz der Neuorientierung auf der einen und das Streben nach Stabilität auf der anderen Seite. Da hat es eine Weile gedauert, bis ich für mich entschieden habe, welche Schritte ich gehen möchte, um mich beruflich weiterzuentwickeln und inwieweit ich mich dafür neu positionieren möchte.
Anfang April war es dann bei mir soweit: Jetzt oder nie! Ich schrieb meine erste Bewerbung und schickte sie ab. Sie war ambitioniert, da ich mich für eine Stelle bewarb, die eine Leitungsfunktion beinhaltete, während ich in dieser Hinsicht aber noch keine Erfahrung vorzuweisen hatte.
Mitte Mai kam dann als Antwort die Einladung zum Vorstellungsgespräch auf eben jene erste Bewerbung. Aufgrund der Coronakrise fand dieses dann unter besonderen Bedingungen statt: in einem gut gelüfteten Raum, zwei Meter Abstand zwischen den einzelnen Personen und die Flasche mit Desinfektionsmittel vor jedem Beteiligten. Ich hielt eine Selbstpräsentation mit PP, beantwortete ein paar Fragen und stellte ebenfalls welche. Es lief überraschend entspannt und ich fühlte mich zwischen den Beteiligten sofort wohl. Große Hoffnungen machte ich mir jedoch nicht, da ich mir geringe Chancen ausrechnete, sofort eine Stelle mit Leitungsaufgaben zu bekommen. Zwei Werktage später kam dann doch die Zusage, ich könne schnellstmöglich anfangen.
Das war natürlich nicht meine einzige Bewerbung, aber die dann noch laufenden Bewerbungen und Vorstellungsgespräche habe ich zurückgezogen bzw. angesagt. Noch heute, Monate später, trudeln per Post ein paar Absagen herein…
Die Einareitung
Wie die Einarbeitung und das erste Team-Meeting stattfinden sollte, war bis zuletzt unklar. Die Situation war für alle neu. Meine Kollegen, die Abteilungsleitung und ich entschieden uns, uns zumindest am ersten Tag im Büro zu treffen – unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln. Ich bekam mein Büro gezeigt, die ersten groben Abläufe erläutert und traf einige neue Kollegen, allesamt versteckt hinter dem MNS. Am zweiten Tag bekam ich endlich meinen Laptop und die Zugangsdaten ins System, bevor ich mich zuerst nach Hause ins Homeoffice und dann in eine Zoom-Konferenz begab, bei der ich mich allen Kollegen vorstellte und die gute Zusammenarbeit trotz widriger Bedingungen beschwor.
Die ersten Tage verbrachte ich entweder im Homeoffice oder im Büro, wo die Einarbeitung über Zoom oder in Präsenz stattfand. Immer dabei: Genügend Desinfektionsmittel und MNS. Einen richtigen Einstand konnte ich nicht geben, jedoch brachte ich zu meinem Geburtstag eine kleine Auswahl an Leckereien mit.
Aktueller Stand
Mittlerweile bin ich nur noch selten im Homeoffice, was mir allerdings gut gefällt. Im Büro habe ich generell weniger Ablenkungen, der Austausch mit den Kollegen ist schneller und läuft gerade bei Projektarbeiten effizienter. Allerdings ist uns allen klar, dass es jederzeit wieder heißen kann: Ab ins Homeoffice! Technisch wurde ich dafür bereits bestens von meinem Arbeitgeber ausgestattet. Ansonsten arbeite ich an mehreren großen Projekten, die allesamt unterschiedliche Deadlines und Prioritätsgrade haben. Gerade dieses projektbezogene Arbeiten in einem festen Rahmen ist für mich sehr erfüllend. Am Ende meiner Arbeit steht nicht nur ein Verkaufsprodukt, welches am Tag seines Erscheinens schon wieder veraltet ist, sondern ein Arbeitsprozess, der meine Kolleginnen und Kollegen täglich durch ihre Arbeit begleitet. Zudem ist die Zielgruppe meiner jetzigen Arbeit sehr viel näher an meiner Lebensrealität als bei meiner ehemaligen Arbeitsstelle als Wirtschaftsredakteurin.
Fazit
Seit fast 2 Monaten bin ich nun in meinem neuen Job tätig und bin immer noch begeistert. Es ist schön, jeden Morgen in ein eigenes Büro anstatt in ein Großraumbüro zu kommen, mit einem ausreichend großen, höhenverstellbaren Schreibtisch und sich mit netten Kollegen auszutauschen. Ich bin entspannter, weil die Arbeitsatmosphäre kollegial und freundschaftlich ist. Und das tut nicht nur mir, sondern auch meinem Mann gut.
Klar war es ein großes Risiko, mitten in der Coronapandemie nach etwas Neuem zu suchen. Schließlich hat sie den Arbeitsmarkt nicht gerade positiv beeinflusst – im Gegenteil. Allerdings konnte ich auf die Unterstützung meines Mannes zählen und hatte viele Freundinnen und ehemalige Kolleginnen an meiner Seite, die mir in meiner Phase der Selbstreflexion zur Seite standen und mich tatkräftig unterstützen. Letztendlich habe ich mich gefragt, was mir mehr Angst bereitet: Weiterhin in einem Beruf tätig zu sein, der mir keinerlei Spaß mehr machte, ohne Aussicht auf ein Ende, oder ein Neuanfang. Ich habe mich für den Neuanfang entschieden!